Erwerbsminderung wird durch Behandlungsfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit nicht ausgeschlossen
In Verfahren wegen einer Erwerbsminderungsrente argumentiert die Rentenversicherung hin und wieder, der Versicherte habe noch nicht alle möglichen Behandlungsmöglichkeiten hinsichtlich seiner Erkrankung wahrgenommen, so dass noch keine Erwerbsminderungsrente gewährt werden könne.
Diese oder ähnliche Argumentationen werden teilweise sogar von Sachverständigen in medizinischen Gutachten vorgebracht.
Diese Auffassung ist jedoch falsch.
Das Bundessozialgericht hat zuletzt am 21.10.2020 (Az. B 13 R 79/19 B) im Rahmen einer Nichtzulassungsbeschwerde nochmals deutlich gemacht, dass die Behandlungsfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit einer festgestellten Gesundheitsstörung dem Eintritt des Versicherungsfalls der Erwerbsminderung nicht im Wege steht.
Eine (warum auch immer) unterbliebene Behandlung ändert nichts daran, eine bestehende Gesundheitsstörung als Krankheit im Rechtssinne zu bewerten.
Dies gilt nach der Feststellung des Bundessozialgerichts auch für Renten wegen Erwerbsminderung.
Ob eine teilweise oder volle Erwerbsminderung gegeben ist, die beim Vorliegen der weiteren Voraussetzungen zur Gewährung einer gesetzlichen Erwerbsminderungsrente nach § 43 SGB VI führen kann, muss ausschließlich anhand der Auswirkungen der bestehenden Krankheiten auf das aktuelle Leistungsvermögen des Versicherten beurteilt werden. Etwaig noch nicht durchgeführte Behandlungen oder die Verweigerung von bestimmten Therapien dürfen bei dieser Beurteilung keine Rolle spielen.
Allenfalls bei der Frage, ob und auf welchen Zeitraum eine Befristung der zu gewährenden Rente festzustellen ist, sind bestehende Behandlungsmöglichkeiten relevant.
Die genannten Grundsätze gelten sowohl bei körperlichen als auch bei psychischen Erkrankungen.