Hier wieder mal etwas aus der Kategorie “Kopfschütteln”.
Ich habe gerade eine Klagebegründung in einer Jobcenter-Angelegenheit gefertigt und musste mich bei der Formulierung wieder einmal sehr zurückhalten, um nicht unsachlich zu werden.
Betroffen ist ein älterer, äußerst sympathischer Mandant, der alles dafür tut, als allein erziehender Vater sein Kind und sich möglichst gut über die Runden zu bringen. Das Einkommen reicht nicht aus, sodass aufstockend Jobcenter-Leistungen bezogen werden.
Dieser Mandant hat einige körperliche Einschränkungen. Das Jobcenter vermittelte ihm ein Stellenangebot eines bekannten deutschen Unternehmens für eine Vollzeit-Tätigkeit als Paketauslieferer.
Pflichtbewusst stellt sich der Mandant bei dieser Firma vor, das Arbeitsverhältnis kommt nicht zustande. Der Arbeitgeber teilt dem Jobcenter sinngemäß mit, der Mandant habe die Stelle gar nicht haben wollen und habe körperliche Gebrechen vorgespielt.
Obwohl der Mandant im Rahmen der Anhörung klar äußert, was tatsächlich geschehen ist, glaubt ihm das Jobcenter natürlich kein Wort und verhängt eine Sanktion, kürzt also die existenzsichernden Leistungen für drei Monate um 30 %.
Das Wahnwitzige bei dieser Sache: schon in der Stellenbeschreibung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Bewerber unbedingt körperlich belastbar sein muss, da Pakete mit einem Gewicht von über 30 Kilo getragen werden müssen.
Gleichzeitig existiert in der Akte des Jobcenter ein Gutachten über eine Untersuchung durch den ärztlichen Dienst der Behörde, in dem die körperlichen Beeinträchtigungen festgestellt werden. Dort wird ausdrücklich festgehalten, dass der Mandant unter anderem häufiges Heben und Tragen und andere Zwangshaltungen der Wirbelsäule nicht durchführen kann und darf. Rücken ist kaputt.
Zusammengefasst: das Jobcenter schickt dem Mandanten ein Stellenangebot für eine Arbeitstätigkeit, die dieser ganz eindeutig und für jeden ersichtlich nicht einmal ansatzweise körperlich ausüben kann. Weil das Arbeitsverhältnis nun nicht zustande gekommen ist und der Arbeitgeber irgendeinen Mist schreibt, erhält der Mandant eine Sanktion.
In was für Probleme man die Menschen mit einem derartigen Vorgehen bringt, scheint vollkommen uninteressant zu sein. Nun gut, mein sportlicher Ehrgeiz ist bei aller gebotenen Professionalität geweckt, diese Sanktion bekommen wir vom Tisch.
Leider hat sich der Mandant erst nach verlorenem Widerspruchsverfahren gemeldet, sonst hätten wir die Sanktion direkt mit einem gerichtlichen Eilverfahren im Keim ersticken können.