In vielen sozialrechtlichen Verfahren, insbesondere bei Erwerbsminderungsrenten und dem Grad der Behinderung etc., kommt es im Laufe des Klageverfahrens dazu, dass das Sozialgericht die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens anordnet.
Die Klägerpartei muss sich dann also regelmäßig einer Untersuchung durch einen Facharzt unterziehen.
Rechtlich in den Einzelheiten umstritten ist es dabei, ob man ein Recht hat, eine Vertrauensperson zu einer Untersuchung durch einen medizinischen Sachverständigen mitzunehmen.
Das Bundessozialgericht wird zu dieser Frage am 27.10.2022 eine Grundsatzentscheidung treffen.
In dem zu entscheidenden Fall geht es um einen Kläger, der sich gegen eine Herabsetzung des Behindertengrades von 50 auf 30 wendet. Im Verfahren sollte ein orthopädisches Sachverständigengutachten eingeholt werden.
Die beauftragten Sachverständigen lehnten die Durchführung der Begutachtung ab, weil der Kläger nicht darauf verzichten wollte, dass ein Familienangehöriger als Vertrauensperson während der Anamnese und der Untersuchung anwesend ist.
In den Verfahren vor dem Sozialgericht und Landessozialgericht unterlag der Kläger. Die Gerichte entschieden, dass es sich um eine Beweisvereitelung des Klägers handelte und wiesen die Klage jeweils auf Grundlage der ohnehin schon vorhandenen medizinischen Befunde ab.
Der Kläger argumentiert, der Sachverhalt sei durch das nicht zustande gekommene Sachverständigengutachten nicht ausreichend aufgeklärt worden. Aus Gründen des fairen Verfahrens müsse es zugelassen werden, dass zumindest bei orthopädischen-chirurgischen gutachterlichen Untersuchungen eine Vertrauensperson anwesend ist.
Ich bin gespannt, wie das Bundessozialgericht sich hierzu positioniert und werde darüber berichten.
Übrigens sind derartige Verhandlungen öffentlich, man kann sich diese Sitzungen beim Bundessozialgericht ansehen. Dieser Termin am 27.10.2022 findet ab 10:30 Uhr im Bundessozialgericht in Kassel statt (Aktenzeichen B 9 SB 1/20 R).