Sie haben einen Antrag gestellt, z.B. auf Feststellung einer Schwerbehinderung oder eine Erwerbsminderungsrente – und es tut sich auch nach vielen Monaten nichts ? Oder Sie haben gegen einen Bescheid einer Behörde Widerspruch erhoben und die Behörde entscheidet monatelang nicht hierüber ?
Die (Not-) Lösung kann hier lauten: Untätigkeitsklage.
Aus § 88 des Sozialgerichtsgesetzes ergeben sich Fristen, innerhalb derer die Behörde im Regelfall die ausstehenden Entscheidungen treffen soll.
So soll die Behörde über einen erhobenen Widerspruch innerhalb von drei Monaten (ab Eingang des Widerspruchs) bzw. über einen gestellten Antrag innerhalb von sechs Monaten (ab Eingang des Antrages) entscheiden, d. h. einen Bescheid erlassen. Dies gilt aber dann nicht, wenn die Behörde einen „wichtigen Grund“ für eine längere Bearbeitungszeit hat.
Gerade in Angelegenheiten mit medizinischem Hintergrund (Schwerbehinderung, Erwerbsminderungsrente etc.) können diese Fristen von den Behörden häufig nicht eingehalten werden. Denn oftmals müssen Befundberichte bei Ärzten oder sogar Sachverständigengutachten angefordert werden, was erhebliche Zeit dauern kann. Dann ist es auch in Ordnung, wenn es mal etwas länger dauert.
Kein wichtiger Grund ist allerdings der gern von den Behörden vorgebrachte Hinweis darauf, dass eine zu hohe Arbeitsbelastung der Behörde zu einer längeren Bearbeitungsdauer führe. Die Behörden sind verpflichtet, sich personell so auszustatten, dass die Anträge und Widersprüche innerhalb der vorgesehenen Fristen bearbeitet werden. So jedenfalls die Theorie, in der Praxis sieht dies häufig leider ganz anders aus.
Zumindest sollte die Behörde aber Zwischenmitteilungen geben, dass und aus welchem Grund die Bearbeitung noch etwas Zeit benötigt.
Was passiert, wenn die Behörde die Fristen nicht einhält? Antwort: erst einmal gar nichts.
Sie können also keine Ansprüche daraus herleiten, dass die Behörde die vorgesehene Frist für die Bearbeitung nicht einhält. So erhält man beispielsweise natürlich nicht die beantragte Feststellung einer Schwerbehinderung nur deshalb, weil die Behörde nicht innerhalb eines halben Jahres über den Antrag entschieden hat. Dies leuchtet ein.
Nach Ablauf der oben genannten Frist ist allerdings eine sogenannte Untätigkeitsklage zulässig. Eine solche Klage wird beim zuständigen Sozialgericht eingereicht und hat ausschließlich das Ziel, dass die Behörde endlich über den Widerspruch bzw. Antrag entscheidet. Gegenstand einer solchen Untätigkeitsklage ist jedoch gerade nicht der eigentliche Inhalt, um den es geht, also zum Beispiel die Festsetzung eines bestimmten Behindertengrades oder die Gewährung einer Erwerbsminderungsrente.
Die Untätigkeitsklage ist also nur ein Mittel, die Behörde dazu zu zwingen, endlich über den Widerspruch oder den gestellten Antrag (mit welchem Inhalt auch immer) zu entscheiden, damit man sich dann gegebenenfalls gegen eine ablehnende Entscheidung auf dem weiteren Rechtsweg wehren kann. Hat die Behörde die ausstehende Entscheidung endlich getroffen, kann man die Untätigkeitsklage für erledigt erklären, das Verfahren ist dann formal beendet.
Macht es in jedem Fall Sinn, nach dem Ablauf der drei oder sechs Monate sofort eine solche Untätigkeitsklage zu erheben?
Nein, dies sehe ich nicht so. Häufig beschleunigt eine Untätigkeitsklage das Verfahren nicht.
Allerdings kann man nach Ablauf der Fristen die Behörde durchaus auffordern, nunmehr zügig über den Widerspruch oder Antrag zu entscheiden und dabei ankündigen, dass ansonsten eine Untätigkeitsklage erhoben wird.
Lässt man eine solche Untätigkeitsklage nämlich durch einen Rechtsanwalt einlegen, so muss die Behörde die Anwaltsgebühren des Untätigkeitsklageverfahrens erstatten, wenn die Klage zulässig und begründet war, die Frist also ohne wichtigen Grund verstrichen war. Die Ankündigung einer Untätigkeitsklage kann daher ein gewisses Druckmittel sein, damit die Behörde endlich die Bearbeitung abschließt und den ausstehenden Bescheid erlässt.
Manchmal gibt es auch Fälle, in denen sich die Behörde quasi „tot stellt“ und einfach gar keine Reaktion mehr von dort kommt. In diesen Fällen oder wenn die Verfahren einfach viel zu lange dauern, macht eine Untätigkeitsklage häufig Sinn.